Zuerst: Selbst zu fahren, ist meine Entscheidung. Jeder meiner Kollegen kann dies selbst für sich entscheiden. Jeder darf seinen eigenen Weg finden, wie er arbeiten möchte. Dass dies mit diesem Duktus überhaupt diskutiert wurde, war nicht meine Idee. Meine Idee ist eine andere. Unser Haus spart. In vielen Bereichen schmerzlich. Deshalb leiste ich meinen Beitrag. Die CDU/RBV-Fraktion fragte offiziell nach Zahlen und Fakten hinter der Entscheidung. Diese Fragen haben wir vor rund. einer Woche beantwortet. Nun möchte ich dieses Schreiben, das an alle Fraktionsvorsitzenden des Kreistages gerichtet war, auch hier veröffentlichen. Ich denke, dies dürfen nun auch alle Bürgerinnen und Bürger wissen. Auch, weil die Debatte zeitweise merkwürdige Wendungen nahm. Wichtig auch: Diese Entscheidung hatte nichts mit unserem Fahrer zu tun. Er hat sich verändert. Wir haben ihn nicht ersetzt. Obwohl wir es hätten tun können. Auch das Auto selbst war toll: Nur eben hielt ich es nicht für angemessen. Und als es auslief, haben wir es nicht ersetzt. Obwohl wir es hätten tun können. Denn für beides gibt es einen Kreistagsbeschluss, der mir diese Möglichkeiten einräumt.

Ich persönlich mag es, selbst zu fahren, die Zeit im Auto zum Denken zu nutzen oder mit meinem Referenten kommende oder gerade absolvierte Termine zu besprechen, zu telefonieren oder schlicht mal kurz abzuschalten. Was ich beim Fahren sehr gut kann. Jeder ist eben anders. Ich denke auch, dass die ersten Monate meiner Amtszeit nicht für Langeweile und Stillstand stehen. Und ich habe bisher jeden Tag einen leeren Schreibtisch hinterlassen. Und eine Einsparung von mehreren zehntausend Euro im Jahr ist sicher nicht unsere Rettung. Aber es ist auch nicht Nichts. Und ich könnte die Debatte nachvollziehen, hätte ich mir angesichts der aktuellen Lage einen solchen Wagen bestellt. Ich hab das Gegenteil getan.

Hier nun das Schreiben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine persönliche Entscheidung, künftig auf einen Dienstwagen zu verzichten, hat einiges an Aufmerksamkeit erregt. Mir ist wichtig an dieser Stelle zu sagen, dass dies eine Entscheidung der persönlichen Amtsführung ist, die jedem frei steht. So auch mir. Andere können und sollen dies gern anders handhaben. Ich beurteile dies nicht für andere. Ich werte nicht für andere. Darum geht es mir auch nicht.  Jeder muss am Ende herausfinden, was für ihn am besten ist. Ich habe mich für diesen Weg entschieden. Insbesondere, weil ich überzeugt bin, dass die Kostenseite momentan nicht in das Gesamtbild passt. Und auch die Außenwahrnehmung war mehr als problematisch. Hinzu kommt der Blick nach Innen. Da in unserem Haus viele Mitarbeitende derzeit (und dauerhaft) deutlich mehr leisten müssen, um den von uns gestellten Anforderungen in den vorhandenen Rahmenbedingungen gerecht werden zu können, sehe ich meinen Beitrag der Solidarität in diesem Schritt. Deshalb verzichte ich sowohl auf einen Fahrer als auch auf ein Fahrzeug. Als Zeichen, dass wir alle bereit sind, unseren Teil zu leisten. Den beigefügten Zahlen dürfen Sie entnehmen, dass dies zudem tatsächlich signifikante Einsparungen ergibt und somit mein Ansinnen auch faktisch und fiskalisch unterlegt ist. 

Da ich seit Jahren exakt diese mobile Arbeitsweise praktiziere und lebe, stellt dies für mich auch keine zusätzliche Belastung dar. Auch grenzt es meine Arbeitsfähigkeit nicht ein. Zum einen telefoniere ich im Auto, was mit Freisprecheinrichtung ja erlaubt ist. Zum anderen absolviere ich auch Fahrten gemeinsam mit meinem persönlichen Referenten. Wir nutzen diese Zeit dann für Abstimmungen und erste Auswertungen gerade absolvierter Termine und Gespräche. Zudem lasse ich mir umfangreichere Dokumente im Auto digital vorlesen, oder nutze die Lenkzeit einfach als „Denkzeit“. Das hat sich in all den Jahren bei mir so bewährt und etabliert. Hohe Mobilität und viel Präsenz vor Ort helfen mir sehr, Entscheidungen in einen Kontext zu setzen. Die Zeit am Steuer ist für mich ein wesentlicher Punkt dabei. Last but not least bin ich in den abendlichen Gestaltungen wesentlich freier, als ich es mit einem Fahrer wäre. Denn meine Zeiten in den abendlichen Runden sind damit weniger begrenzt.

Nun aber zu den Fakten. Lassen Sie mich hier darauf hinweisen, dass ich diese bewusst nicht veröffentlicht habe. Vor allem, um die bisherige Praxis nicht öffentlich zur Diskussion zu stellen. Ich ging davon aus, dass sich die Ersparnis auch so erklärt. Nun zum Vergleich:

1. Für die Wegstreckenentschädigung zur dienstlichen Nutzung meines privaten Fahrzeuges wurde eine jährliche Fahrleistung von ca. 44.500 km dienstlich hochgerechnet. Dies berücksichtigt, dass wir nach einer anfänglichen Häufung (Kennenlerntermine, Vorstellung etc.) eine Normalisierung anstreben, die sich in diesem Kilometerfenster spiegelt. Das sächschische Reisekostenrecht kennt drei Stufen für die Wegstreckenentschädigung (0,17 EUR / km, 0,30 EUR / km und 0,35 EUR / km), die verschiedenen Voraussetzungen unterliegen. Die genaue Höhe der Wegstreckenentschädigung wird auch Gegenstand einer Abstimmung mit der LDS sein. Für die Entschädigung setzen wir in unserer Kalkulation vorsorglich den Maximalwert von 0,35 EUR / km an. Demnach ist für den Landkreis von Kosten von 15.575 EUR p.a. auszugehen.

2. Für die Vergleichsrechnung zur Dienstwagennutzung wurden, vereinfacht gesagt, die Kosten des bisherigen Fahrzeuges aus 2022 auf ein ganzes Jahr und eben diese Daten hochgerechnet, sofern die Kosten von der Laufleistung abhängen. Alle anderen Werte sind reale Daten des derzeitigen Fahrzeuges. Damit ergeben sich bei genauer Betrachtung folgende Zahlen:

Leasingrate bis 35.000 km:6.104,28 EUR
geschätzte Mehrkosten und Rückgabeschäden:5.052,14 EUR
Steuer:504,00 EUR
Versicherung:2.086,71 EUR
Wartung/Reparatur/Pflege:6.527,51 EUR
Betriebsstoffe:10.717,35 EUR
Sonstiges:700,00 EUR
Summe p.a.31.691,99 EUR

Wenn wir jetzt ein neues Auto „eine Nummer kleiner“ leasen würden, z.B. Audi A 6 oder BMW 5er, würden nach Einschätzung der Kämmerei mindestens 35.000 EUR p.a. anfallen, da sich die Leasing-Raten derzeit auch nach oben bewegen bzw. mit der höheren Laufleistung ohnehin steigen. 

Fazit: Auch ohne Hinzuziehung der Kosten für einen Fahrer, die noch einmal mit ca. 35.000 EUR zu Buche schlagen würden, und der absehbaren Kostensteigerungen beim Leasing, ist das nun gewählte Modell ca. 16.000 EUR günstiger.

Ich hoffe, ich konnte hiermit alle Fragen klären und noch einmal meine Entscheidung in den entsprechenden Kontext setzen. Zudem ist hier eine Elektrifizierung geplant, die aber noch nicht final entschieden ist.   

Mit freundlichen Grüßen

  
Dirk Neubauer

 
Landratsamt Mittelsachsen
Der Landrat