Ich wollte es nicht. Aber da es alle machen, auch ich. Eine leicht ironische, nicht ganz ernst gemeinte Besprechung der Pechsteinschen Lesestunde. Und ein bisschen auch zu dem, was an Inhalt zumindest zu ahnen war. Zwischenzeilig.
Kurz: Für mich war die Die Rede ein für den Rahmen erwartbarer Querschnitt aller nur denkbaren Narrative des Stillstandes. Garniert mit ein paar hübschen Oberflächlichkeiten. Gesprochen von einer Prominenten. Verpackt in staatstragender Uniform. Und ich denke, nicht Letzteres war das eigentlich problematische. Eher das, was gesagt – oder genauer gesagt – vorgelesen wurde. Denn das war ein Stück der Sehnsucht nach gestern. Dass man im Heute für morgen einzufrieren gedenkt. Und schlimmeres.
Und da beginnen meine Probleme. Wer Menschen suggeriert, es bliebe alles, wie es ist, wenn wir es nur ausreichend wollen würden. Der versündigt sich an kommenden Generationen. Denn die sprichwörtlich brennenden Fragen des Jetzt müssen wir auch im JETZT lösen, um eine Zukunft zu haben. Und alles fliesst. Nichts bleibt, wie es ist. Und das bedeutet Veränderung, Einschnitte und ein Umdenken werden Aufgabe. Das war schon immer so. Als wir die Höhle verliessen, wurde es manchmal nass, kalt und saugefährlich. Und unsere Vorfahren zogen nicht los, den Säbelzahn-Tiger wegzujammern. Sie haben ihn gejagt. Mit Verlusten. Heute ist der Mensch noch da. Der Tiger nicht. Mag man nicht gut finden, ist aber so.
Der Tiger der Neuzeit ist die Rede vom Wohlstandsverlust. Jegliche Veränderung ruft förmlich nach diesem neuen Feindbild. Aber das ist falsch. Denn: Erneuerung bedeutet nicht automatisch Wohlstandsverlust und was da sonst noch orakelt wird. Im Gegenteil. Den Mutigen gehört die Welt. Und die sitzen nicht im Jammertal. Wir haben Know How und die Kraft. Und wir wissen, wie Veränderung geht. Wir haben bereits Jahrzehnte verloren. Jetzt müssen wir starten. Das Land der Denker hat jetzt Konjunktur. Wir müssen Menschen integrieren, statt sie jahrelang versorgt allein zu lassen. Oder platt alles abschieben zu wollen, was nicht ist wie wir. Wir brauchen Köpfe und Hände. Die gibt es nicht geschenkt. Bei Amazon auch nicht. Wir müssen Energiewende und die Wärmewende schaffen. Warum? Weil wir es können! Und weil es keine Alternative gibt. Denn wer stehenbleibt, den holt tatsächlich der Tiger. Möglicherweise nun aber der aus Asien. Oder die nächste Hitzewelle holt uns alle. Aber lassen wir das.
Und wir so? Nein. Alles soll bleiben, wie es ist. Und solange die Kinder Mutti und Vati sagen, ist alles grossartig.
Wirklich?
Wir haben jahrzehntelang Atommüll im rostige Fässer verpackt und verbuddelt. Und so getan, als koste dies nichts. Wir haben ganze Heimaten an Tagebaue geopfert und Ressourcen verbraten, als gäbe es kein Morgen. Ganze Landstriche warten noch heute, saniert zu werden. Alles für den Wohlstand. Täglich ertrinken Menschen im Mittelmeer, weil sie zuhause keine Perspektive mehr sehen oder ihnen die Felder wegtrocknen. Allein 500 von ihnen starben diese Woche. Frauen, Kinder auch. Schon fast wieder raus aus den News. Waren nur Flüchtlinge. Keine Touristen auf nem Kreuzfahrer. Alles weit weg. Alles nicht hier. Keiner von uns. Schlimm aber Gottseidank. Müssen ja nicht auf so ein Schiff. Irgendwie auch selber dran schuld. Oder?
Hauptsache nicht ich, wird das neue Wirgefühl. Hauptsache nicht schuld, der neue Canon der schleichenden Verantwortungslosigkeit. Woanders bitte. Nicht hier. Sollen die doch. Nicht ich. Wenn alles bleibt, wie es ist. Dann habe ich. Und Du nicht. Schade. Für Dich natürlich. Wie im Kleinen, so auch global. Wir können nicht die Welt retten.
Das stimmt sogar. Aber tun wir so weiter, retten wir nichtmal uns. Und weil das so schön ist, ignorieren wir den sterbenden Wald, die steigenden Temperaturen, ignorieren Wissenschaft, Trockenheit, Katastrophen jedes Jahr. Ist halt so. Bloß keine Windräder! Dafür hunderte Hektar an Solarparks dort, wo jetzt Getreide wächst. Wer braucht schon Landwirtschaft? Macht Staub und Lärm. Und stinkt! Essen gibt‘s im Supermarkt. Kein Witz. Bei Umfragen gab es bereits solche verheerend schlichten Aussagen zur Herkunft der Lebensmittel.
Bürgerinitiativen spriessen. Debatte siecht dahin. Das Argument ist tot. Es lebe die „ich glaube“-Gesellschaft. Wissenschaft ist Fake. Der Staat der Feind. Wie alle, die etwas anders „glauben“. Und jetzt? Ich weiss es ehrlich nicht. Aber wir wären gut beraten, darüber nachzudenken und zu debattieren. Angstmache ist keine Strategie. Oder, um es mit Harry Rohwolt zu sagen: „Sagen, was man denkt. Und vorher was gedacht haben.“ Dem würde ich nicht widersprechen.
Sehr geehrter Herr Neubauer, vielen Dank für diese, Ihre Zeilen, denn sie bedienen sich genau der Praktik, welche mittlerweile salonfähig und Gang und Gebe ist. Kein politischer Diskurs, sondern den Anderen durch diffamieren unglaubwürdig machen. Woher nehmen Sie das Recht eine Frau Pechstein derart zu verhöhnen?! Jemanden der durch seine Leistungen über alle Zweifel erhaben ist. Und ja, sie hat ihre Rede abgelesen, sie muß als Sportlerin auch nicht frei reden können. Das kann man getrost Politikern überlassen, welche nur Brei erzählen und sich dann noch vom Steuerzahler fürstlich bezahlen lassen. Und was den Inhalt der Rede angeht. Frau Pechstein hat ganz normale Dinge angesprochen, Dinge die Menschen bewegen und auch einfach ausgesprochen werden dürfen und müssen. Selbst Sie müssten mittlerweile bemerkt haben, dass es nicht mehr das Gespinne einer grölenden Minderheit ist, sondern die Meinung der Mehrheit der Menschen in diesem Land.
Brei erzählen, ist jetzt auch kein sachlicher Diskurs, oder? Mehrheiten können auch irren. Besonders, wenn dies nicht offiziell festgestellt sind, ist das so eine Sache. Aber alles Schall und Rauch, denn: Da steht Satire drüber. Und ich diffamiere niemanden. An keiner Stelle. Ich schrieb meine – im Anlauftext selbst als „nicht ganz ernst zu nehmende“ Sicht der Dinge nieder. Gelegentlich mache ich dass auch als Satire. Was im übrigen über dem Text auf der Seite deutlich als Kategorie ausgewiesen ist. Darüber hinaus darf auch ich, Teil des Brei erzählenden politischen Orbits, eine Meinung äußern. Dieses Recht ist allgemeingültig und darf auch von mir genutzt werden.
Danke für ihre Arbeit und Ihre Worte hier und anderswo! Viele Grüße aus Chemnitz.
Nun, ich würde den Beitrag schon fast nicht mehr in die Satire einordnen. Leider. Dafür ist er einfach zu treffend für unsere gesellschaftliche Situation. Ich selbst wünschte auch, es wäre anders. Aber es ist leider so. Auch mit der Veränderung ringsum komme ich noch nicht klar. Ich halte an meinem Verbrenner fest, bis es gar nicht mehr geht oder dann doch das H-Kennzeichen winkt. Wobei auch ich bereits viel für die Veränderung tue. Aber manche Dinge sind schwer loszulassen. E-Mobilität in der jetzigen Form kann noch nicht der letzte Schuss sein. Aber schrei ich deshalb rum oder jammere ? Nein, ich ertrage und versuche, das für mich klar zu bekommen. Für eine im Prinzip solch verdiente Sportlerin wie Frau Pechstein gilt das auch, auch sie muss darauf klar kommen. Tut sie bisher scheinbar nicht. Und, über jeden Zweifel erhaben ist auch sie nicht. Wo kommen wir denn da hin, wenn man mit ein paar Medaillen einen Freifahrschein für Deppenhausen bekommen würde. Ja, viele denken so, und erschreckend viele noch schlimmer, und noch erschreckender, dass davon soviele hier in Sachsen rumlungern. Aber sei es drum, als Optimist hoffe ich, dass wir den Karren noch irgendwie manövrierfähig halten. Auch mit oder trotz Reden “verdienter” Prominenter.
Ich weiss zwar nicht was Frau Pechstein von sich gegeben hat, aber ich würde es 1:1 unterschreiben lieber Dirk, was Du oben geschrieben hast…und der Vergleich mit dem Säbelzahntiger ist gut…dumm, das diese wohlstandsverwahrloste Gesellschaft der Meinung ist solange sie den 300PS- Grosstadtpanzer behalten kann kann sie vor Sägelzahntigern und Klimaproblemen davon rasen…aber 》 130km/ h muss es sein …und um Gottes Willen mit Verbrenner…und diese bösen Migranten möglichst aus oder einsperren…wie Kinder die sich die Augen zuhalten und meinen, jetzt sieht sie niemand…ich glaub nicht mehr dran das der Mensch rin vernunftbegabtes Wesen ist… aber es macht Spaß, Deine Posts zu lesen…
Sehr geehrter Herr
Neubauer,
tut mir leid, dass ich die schriftstellerische Leistung in ihrem Post derart verkannt habe und deshalb ungewürdigt lies. Zu meiner Entschuldigung jedoch muss ich anführen, dass ich nicht wusste, dass sie gerade mit Herrn Böhmermann wetteifern. Nach dem Motto: Satire darf alles. Zum Glück gibt es aber auch sachliche Kommentare zu diesem Thema. Ich hätte da hier mal einen Link dazu. Ab Minute 5.18 geht Herr Reichelt auf den aktuell laufenden Shitstorm gegen Frau Pechstein ein.https://youtu.be/fw_rhDe3Nqs Der ganze Beitrag ist übrigens auch sehr sehenswert und journalistisch sauber recherchiert, obwohl ist ja sicher ein „Volksverhetzer, Schwurbler“ und: „so etwas schaut man sich nicht an.“ Ist auch OK, kann ja jeder halten wie er will. Denn auch das ist Demokratie. Eins jedoch ist mir aus Ihrer Antwort nicht klar geworden. Sie schreiben: „Mehrheiten können auch irren“ Mag sein, aber wer bestimmt das diese sich irren und was ist die Konsequenz, wird man dann umerzogen oder zum Schweigen gebracht? Ich dachte immer die Mehrheit im Lande bestimmt die Richtung der Politik und das heißt dann Demokratie. Denn fakt ist doch wohl, die derzeitige Regierung, wenn diese durch etwas glänzt, dann ist es ausschließlich durch Inkompetenz und Verunsicherung der Menschen in diesem Land, was sich mit endlos vielen Beispielen belegen lässt. Und übrigens Atomenergie ist von der EU als klimafreundlich und nachhaltig eingestuft worden. Es gibt nämlich mittlerweile Technologien, welche den Atommüll wieder aufarbeiten und wieder verwenden, bedeutet: es bleibt nahezu kein Müll übrig. Wirklich sinnvolle Innovationen setzen natürlich eine Technologieoffenheit voraus und nicht die Durchsetzung von irren Ideologien. Ich glaube jeder Mensch versteht: Ob ich ein Windrad habe oder das ganze Land damit zupflastere, wenn kein Wind weht, gibt‘s keinen Strom. Das gleiche Ergebnis hat man im Bereich PV. Ist keine Sonne da, Sie ahnen es, gibt‘s keinen Strom. Ein Backup wird immer benötigt. Dann klappt‘s auch mit dem Winter. Aber das ist eine andere Geschichte.
Mit freundlichen Grüßen
Küchler
Wer Herrn Reichelt als Quelle zitiert. Stets Meinungsfreiheit einfordert und diese auch bekommt. Der sollte dies auch anderen einräumen, lieber Herr Küchler.
Finde den Text klasse geschrieben, auch inhaltlich teile ich Einiges und besonders der Bogen mit dem Tiger gefällt. Der Tiger heute müsste aber kein Konkurrent, sondern könnte Partner sein, wenn wir es wollten.
Das Weltklima kann auch ohne uns, aber in welchem politischen Weltklima hat der Mensch Zukunft?
Manchmal beschleicht einen das Gefühl wir hätten tatsächlich die Macht das mitzuentscheiden, aber dann holt einen die Realität ganz schnell wieder ein.
(4000 Unterschriften, nur um zur Wahl antreten zu “dürfen” – https://unabhaengige.info/europawahl/)
Vielen Dank Herr Neubauer für die absolut treffenden Worte. Treffend im doppelten Sinne, wie gleich am ersten Kommentar zu lesen ist.
Sie geben mit Ihren klugen und aufbauenden Worten Kraft für die Kämpfe unserer Zeit.