Wir haben ein gewaltiges Problem. Es heißt Digitalisierung und ist zugleich die größte Chance. Warum das ein Problem ist? Digitalisierung ist komplex, teuer und eben nicht damit getan, ein paar Glasfaserkabel in der Erde zu vergraben. Und: Man kann sie nicht ignorieren, auch wenn man dies gerne täte, weil niemand sich gerne mit Dingen befasst, die unklar, ungewiss und scheinbar weit weg sind. Doch so einfach ist das nicht, denn der Weg in die zukünftige Form der Arbeit, der Organisation, der Kommunikation ist davon abhängig, wie gut oder schlecht Regionen die Grundlagen dafür schaffen. Und während hier das Thema als eine Art notwendiges Übel behandelt wird, das zwar mit großen Zahlen ausgestattet doch unterfinanziert bleibt, dafür aber hoffnungslos überbürokratisiert in der Beantragung ist, wird andernorts gepunktet. Die Know How Träger dieser Branche sitzen allesamt nicht in Deutschland, ja nichtmal in Europa. Es wird Zeit, dass wir umdenken.

Nein. Wir werden nicht über Nacht aufholen. Wir können aber noch den Anschluss finden. Und wir müssen dies auch. Wer glaubt, dass die digitale Revolution vollzogen ist, der irrt gewaltig. Dieser Prozess steht erst am Anfang und er wird sehr tiefgreifend Arbeit revolutionieren. Ort, Zeit – all das ist dann wenig relevant, wenn Echtzeitkommunikation Brücken schlägt. Verkehrssysteme werden sich verändern, wenn Netz die Steuerung übernimmt. Kaum eine Produktion, die nicht on Demand Daten auf Maschinen bringen wird, um deren Produktionsausstoß zu steuern. Das ist nur ein Ausschnitt dessen, was dieser Prozess bringen wird. Und wenn nur dieser Ausschnitt real wird, dann ist klar, dass Netz Daseinsvorsorge bedeutet. Und das die Netze deshalb in der Hand der Bürger bleiben müssen. Und nicht nur das: Es ist damit auch klar, dass es eine öffentliche Aufgabe sein muss, diese Netze zu bauen und vorzuhalten. Ähnlich wie beim Straßenbau. Hier hat der Staat, haben die Länder, die Kreise und die Kommunen die Aufgabe, die öffentlich finanziert wird. Auf diese Art und Weise wird sichergestellt, dass Infrastruktur funktioniert und jedem zur Verfügung steht. Auch wenn das nicht immer perfekt im Einzelfall funktioniert – bundesweit gesehen, ist dies ein Erfolgsmodell.

Wenn man dies als gesetzt ansieht, dann erscheint es als der richtige Weg, dass die Kommunen nun die Aufgabe bekommen haben, Netze auszubauen. Doch der Schein trügt, denn so wie jetzt geht es nicht. Wir haben als einzelne weder das Know How, noch die Mittel, diese Aufgabe aus dem Stand zu erledigen. Anträge müssen gestellt und Planungen vollzogen werden, die hochkomplex sind. Die Planungsressourcen sind begrenzt und strecken die Waffen, weil nun jede Kommune mit einer Planungspauschale des Bundes auf der Matte steht und bedient werden möchte. Und dies muss schnell gehen, denn: Ohne Planung kein Projekt. Ohne Projekt kein Förderantrag (den man ohne fremde Hilfe ebenfalls nicht bewältigen kann). Doch die Bundesmittel, auf die diese Aktionen abzielen, sind bereits jetzt fast ausgereizt. Da haben viele Kommunen unserer Region noch nicht einmal begonnen. Der Umkehrschluss muss sein, dass die Kommunen schnellstens zusammenrücken und gemeinsam vorgehen. In größeren Räumen und interkommunal. Nur so lassen sich die Grundlagen dafür schaffen, effiziente und leistungsfähige Netze zu bauen und auch zu betreiben. Denn auch dies sollten wir unbedingt ins Auge fassen. Eine Hauptschlagader, die von solcher Wichtigkeit ist, darf nicht privatisiert sein. Schließen wir uns zusammen wie beim Wasser oder Abwasser. Nur so kann eine solche Aufgabe geschafft werden.

Augustusburg peilt eine solche Kooperation mit den Nachbarkommunen an. Unser Modell ist weit gedacht und versucht, Alternativausbau zu betreiben. Zudem war von Beginn an klar, dass Netz (wie Straßen und Wanderwege) nicht an den kommunalen Grenzen endet. Um dies zu vertiefen und einen Austausch auf größrerer Ebene anzustoßen, habe ich nun mit dEMiSA eine Plattform begründet, die genau diesen Austausch leisten soll. Ein Forum, in dem Kommunen gemeinsam Wege denken, Dienstleister kennenlernen und Betreibermodelle diskutieren können. Zudem kan man hier Planungen bündeln, um wenigstens die Hauptschlagdern gemeinsam abstimmen zu können. Vielleicht kann dies der Grundstein dafür sein, dass ein Zweckverband, eine Mittelsächsische Netzgemeinschaft oder eine Bürgernetz AG entstehen wird.

Spannend ist es allemal, denn es geht ja – wie oben beschrieben –  nicht nur um Netzausbau. Es geht auch darum, dass wir Kommunen lernen, was Digitalisierung bedeutet. So, wie es Musikindustrie, Medien und andere Zweige es ebenfalls (teils schmerzlich) erfahren mussten. Wir dürfen nicht weiter so tun, als gäbe es diese Prozesse nicht. und vor allem dürfen wir nicht glauben, dass diese Veränderungen Kommunen verschonen werden. Und das ist nicht damit erledigt, dass der Bürgermeister jetzt auch ein iPad  hat. Es ist mehr. Viel mehr. Digitale Prozesse werden auch unsere Rathäuser auf den Kopf stellen, denn die Flut an Möglichkeiten ist gigantisch. Und was denkbar ist, ist machbar. Und was denkbar ist, wollen Menschen auch früher oder später haben. Wir müssen uns dem sinnvoll öffnen. Mit dEMiSA (digitale Entwicklung Mittelsachsen) kann ein Forum geschaffen werden, das Schnittstelle zwischen Politik, Verwaltung und der digitalen Welt sein kann. Lernen wir. Die andere Welt kennen und sehen wir, was wir daraus an Erkenntnissen ziehen. Schaffen wir Projekte, wie beide Welten sich gemeinsam in die Zukunft entwickeln. Es wird Zeit, dies anzufassen und zu beginnen.

Ich bereite gerade den ersten Kongress vor. Er wird Anfang September in Augustusburg stattfinden.