Ja, es war sicher ein wenig plakativ, das Vorwort des April-Stadtanzeigers. Aber es hat erreicht, was es sollte: Wir reden nun über das Ehrenamt und wie wir es künftig gestalten. Das sollte erreicht werden. Und es wurde sogar noch ein wenig mehr daraus, denn innerhalb weniger Tage erhielten wir gleich fünf verbindliche Meldungen gerade von jüngeren Menschen, die sich ganz konkret interessieren. Und zumindest die Besatzung der Bibliotheken ist nun erheblich aufgestockt. Ein guter Anfang meine ich. Nach einer Zusammenkunft aller Vereine der Stadt, die voll und ganz hinter der Aktion stehen, haben wir beschlossen, in den künftigen Anzeigern konkrete Gesuche der Vereine zu veröffentlichen. Also Wer sucht Wen und wofür. Zudem haben wir als Stadt beschlossen, das vorhandene Pluspunktsystem für unsere Touristen auch für aktive Ehrenamtler der Stadt zu öffnen. Bedeutet: Nicht nur unsere Gäste, die für die Zahlung der Kurtaxe unter Vorzeigen der Kurkarte bei 15 Gewerbetreibenden der Stadt Vorteile erhalten, auch unsere freiwilligen Helfer sollen künftig in diesen Genuss kommen. Ein entsprechendes Anschreiben an unsere Gewerbetreibenden ist in Arbeit und wird noch im April versendet. Dann werden wir sehen, was wir hier anbieten können und wer diese Aktion mitträgt. Es ist eine Geste und ich hoffe, es werden sich möglichst viele Anbieter der Aktion anschließen.

Ich denke, dass es wirklich Zeit wird, an einem Generationenwechsel auch in diesem Bereich zu arbeiten. Denn viele der besonders aktiven Menschen, die teils ihr Leben lang sich engagiert haben, werden immer älter und können irgendwann nicht mehr weitermachen. Das war auch die Intension des Artikels. Nicht das Jetzt, die Zukunft macht mir hier Sorgen. Und da wir alle wissen, dass Veränderung Atem braucht, war es an der Zeit, das Thema ernsthaft anzuschieben. Ich hoffe, dass uns ein Verjüngungsprozess gelingen wird. Es ist mir bewusst, dass in heutiger Zeit eben wenig von dem übrig bleibt, was wir Freizeit nennen. Arbeit, haus, Hof, Familie. Das alles muss unter den berühmten Hut passen. Doch damit all diese Hüte nicht irgendwann nichtsmehr miteinander zu tun haben, man den Nachbarn nur noch vom Grüßen kennt und viele Kulturveranstaltungen, die wir ja alle am Ende doch lieben und brauchen nicht mehr stattfinden können, weil schlicht keiner mehr da ist, der sie möglich macht, müssen wir jetzt ins Gespräch kommen. Und dabei geht es gar nicht so sehr um das große Wort Ehrenamt. Es geht vielmehr um die Frage, was Heimat ausmacht. Was eben das Besondere ist, hier, in unserer kleinen Stadt zu leben. Und ich denke, dass ein ganz wichtiger Faktor eben jener des Zusammenhaltes ist. Gemeinsam Dinge möglich zu machen, dabei einander kennenzulernen und sich gemeinsam über das erreichte Ziel zu freuen. Das verbindet, macht Heimat.

Ich höre oft, dass es früher besser war. Das man sich besser kannte, gemeinsam zum Tanzen ging und der feste Kalender der Feste und Feierlichkeiten alle zusammenbrachte. Ja, das ist zu Teilen noch heute so. Aber es wird komplizierter und die Zahl derer, die heute so unheimlich viel bewegen, wird eben nicht größer. Eher stagniert sie. Und das bedeutet – zehn Jahre weiter gedacht – sie sinkt. Das ist sozusagen unser demografischer Faktor im ganz kleinen Orbit. Aber: Das muss so nicht kommen. Wir haben viele junge Leute hier. Und viele von denen sagen mir immer wieder, was sie hier vermissen. Und ich sage immer wieder, dass nicht immer die Stadt oder irgendwer dies alles machen kann. Hier sind wir alle gefragt. Und dies wird in den kommenden Jahren auch nicht weniger werden. Und ja: Es gibt viele gute Beispiele dafür, dass auch heute schon die Erkenntnis greift. So übernehmen die Eintracht und die Feuerwehr das Maibaumsetzen in Erdmannsdorf, das in seiner Existenz in Frage stand. Überhaupt ist unsere Wehr sehr stark eingebunden in sehr viele unserer Aktivitäten. Das ist toll und ich freue mich darüber sehr. Aber es gibt noch mehr Menschen als jene, die sich bereits jetzt intensiv einbringen. Und ihr seid es, die nun gefragt sind. Man muss dafür nicht einmal in einem Verein sein. Es reicht, wenn man da ist. Mitmacht, sich einbringt.

Das gilt überhaupt für die Teilhabe am Leben der Stadt. Auch für den politischen Teil. So gehören öffentliche Ortschaftsrats- und Stadtratssitzungen wohl zu den best gehütetsten Geheimnissen im Ort. Bürgerinformationsveranstaltungen (und davon machen wir viele) zu allen möglichen Themen bringen 50 Mann zusammen. Und die kennt man in der Regel alle. Hier, wo man direkt fragen kann. Hier, wo man direkt Ideen einbringen kann. Hier finden sich eher wenige Menschen ein. Stattdessen aber wird geschimpft. Beim Netto am Regal. Doch davon wird ja kein Problem, keine Frage geklärt, oder?

Im Gegenteil. Ich denke, alles in allem ist diese Diskussion viel mehr als jene um Vereine und Ehrenamt. Vielmehr geht es um Werte. Darum zu erkennen, dass die Stadt nicht aus Stadtrat und Stadtverwaltung besteht, sondern aus 4.600 Menschen. Und wenn es heisst, “die Stadt müsste mal”, dann meinen wir somit eigentlich uns alle. Denn wir alle sind die Stadt und als solches für diese verantwortlich. Jeder ein bisschen. Und ich nehme für uns in Anspruch, dass wir bisher mit jedem im Gespräch waren, der wirklich reden wollte. Zu tausend Themen, beinahe täglich. Und ja, nicht alles, was dort angesprochen wird, ist auch machbar. Manches übersteigt unsere Möglichkeiten, unsere Handlungsspielräume und auch unsere Zuständigkeit. Aber auch darum geht es nicht. Es geht darum, überhaupt gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Miteinander. Manchmal wir als Stadtverwaltung, manchmal die Bürger selbst mit unserer Hilfe. Aber immer für uns alle. Das geht nur, wenn man miteinander tut, statt übereinander zu reden. Wir haben viele Menschen, die dies so tun, die großartige Ideen entwickeln und diese auch umsetzen. Aber ich weiß, dass wir viel mehr könnten. Wenn wir im Gespräch bleiben. Es klingt alles irgendwie groß, komplex und ist doch ganz klein und einfach.